Was versteht man unter Sonderurlaub?
Neben dem regulären Erholungsurlaub gibt es für Arbeitnehmer auch den sogenannten Sonderurlaub. Doch im Gegensatz zum normalen Urlaub ist dieser nicht fest für jedes Jahr eingeplant. Sonderurlaub hängt von bestimmten Ereignissen im Privatleben ab – du hast also nicht einfach ein festes Kontingent an Tagen pro Jahr.
Sonderurlaub kann dann genommen werden, wenn zum Beispiel ein enges Familienmitglied gestorben ist, um an der Beerdigung teilnehmen zu können. Genauso kann er aber auch in Anspruch genommen werden, wenn die eigene Hochzeit oder die Geburt des eigenen Kindes ansteht.
Für den Zeitraum des Sonderurlaubs erhalten Arbeitnehmer weiterhin Lohn und müssen sich keine Sorgen um eine Abmahnung oder Ähnliches machen. Allerdings nur für maximal 5 Tage am Stück.
Sonderurlaub im Gesetz
Die Grundlagen für den Sonderurlaub findet sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), genauer im § 616 BGB
„Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.“ § BGB 161
Das Gesetz legt für den Sonderurlaub drei Voraussetzungen fest:
- Der Arbeitnehmer kann aus Gründen, die in seiner Person liegen, nicht arbeiten.
- Der Zeitraum des Sonderurlaubs liegt in einem verhältnismäßig nicht erheblichen Zeitraum.
- Der Arbeitnehmer ist an dem Ereignis unverschuldet.
Was sind “persönliche Gründe” für den Sonderurlaub?
Ursprünglich – tatsächlich wurde das Gesetz 1896 verfasst – wurde unter „persönlichen Gründen“ im Gesetz die Erkrankung des Arbeitnehmers verstanden. Das übernimmt heute aber das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG).
Heute bezieht sich § 616 BGB darauf, dass die Gründe für die Unzumutbarkeit zum Arbeiten direkt mit der Person des Arbeitnehmers zu tun haben. Sie müssen ihn persönlich betreffen. Weil dieser Part aber nicht sehr aussagekräftig ist, orientiert man sich heute vor allem an Urteilen der letzten Jahre, die sich auf § 616 BGB beziehen.
Die Bezeichnung „in der Person liegende Gründe“ lässt sich am besten an einem Gegenbeispiel erklären. § 616 BGB greift zum Beispiel nicht im Fall von Naturkatastrophen, Verkehrsunfällen, Staus oder Streiks von ÖPNVs. Die Umstände der Arbeitsverhinderung haben nämlich nichts mit der betroffenen Person selbst zu tun. Stattdessen geht der Arbeitnehmer hier das sogenannte Wegerisiko ein.
Je nach Anwendung sind deshalb mit „in der Person liegende Gründe“ zum Beispiel Hochzeiten, Geburten oder Todesfälle in der Familie, aber auch die Erkrankung des eigenen Kindes gemeint.
Was ist eine “verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit”?
Meistens handelt es sich bei Sonderurlaub um maximal zwei Tage. In einigen Fällen können aber bis zu fünf Tage gewährt werden. Allgemein kann Sonderurlaub aber auch schon ab wenigen Stunden, zum Beispiel für einen Arzttermin, beantragt werden. Alles, was über fünf Tage hinausgeht, verwirkt den Anspruch auf Sonderurlaub im Ganzen und damit teilweise auch die Entgeltfortzahlung.
Kann der Arbeitgeber Sonderurlaub verweigern?
Der Arbeitgeber kann in bestimmten Situationen den Sonderurlaub verweigern. Das hängt aber von verschiedenen Faktoren ab:
- Kein gesetzlicher oder vertraglicher Anspruch: Wenn weder das Gesetz (§ 616 BGB) noch der Arbeits- oder Tarifvertrag Sonderurlaub in der vorliegenden Situation vorsehen, kann der Arbeitgeber ihn ablehnen.
- Fehlende Dringlichkeit: Wenn der Anlass nicht als außergewöhnlich oder dringend gilt, kann der Sonderurlaub verweigert werden.
- Betriebliche Notwendigkeit: Wenn der Betrieb stark ausgelastet ist oder die Abwesenheit des Arbeitnehmers große Probleme verursacht, kann der Arbeitgeber den Sonderurlaub ablehnen.
- Alternative vorhanden: Falls regulärer Urlaub oder flexible Arbeitszeiten genutzt werden können, kann der Arbeitgeber darauf hinweisen.

Wann habe ich Anspruch auf Sonderurlaub?
Wie du merkst ist nicht ganz klar einzusehen, wann genau Sonderurlaub genommen werden kann. Grundsätzlich ist der Anspruch auf Sonderurlaub in Tarifverträgen festgeschrieben. Ein gutes Beispiel ist hier der “Tarifvertrag des öffentliche Diensts” (TVöD) auf den wir später noch eingehen. Der Anspruch auf Sonderurlaub kann aber auch im Arbeitsvertrag festgeschrieben oder auch aufgehoben werden. Es lohnt sich also immer ein Blick in den eigenen Arbeitsvertrag.
Dennoch lassen sich einige Aussagen aus Urteilen der letzten Jahre ziehen. Solange also im Arbeits- oder Tarifvertrag keine Klausel zum Sonderurlaub festgeschrieben ist, kannst du dich an folgenden Punkten orientieren:
Gibt es Sonderurlaub für einen Arztbesuch?
Wer aufgrund einer Erkrankung arbeitsunfähig ist, erhält Entgeltfortzahlung aufgrund des EFZGs. Doch wenn zum Beispiel Blut abgenommen wird oder aus irgendeinem anderen Grund ein Arztbesuch notwendig ist, greift dieses Gesetz nicht. Stattdessen haben Arbeitnehmer hier Anspruch auf Sonderurlaub.
Es gilt allerdings: Arbeitnehmer sollten zunächst versuchen, Arzttermine außerhalb der Arbeitszeit zu legen. Das ist aber mit den Öffnungszeiten von Arztpraxen oder je nach Behandlung nicht immer möglich. Der Sonderurlaub wird dann für die Anfahrt und den Zeitraum der Behandlung beantragt.
Gibt es Sonderurlaub zum Dienstjubiläum?
Allein auf Grundlage des § 616 BGB herrscht kein Anspruch auf Sonderurlaub beim Dienstjubiläum. Das liegt vor allem daran, dass es nicht “unzumutbar” ist, an diesem Tag zu arbeiten.
Gibt es Sonderurlaub für Väter bei der Geburt des Kindes?
Ja, Väter haben zur Geburt ihres Kindes einen Anspruch auf Sonderurlaub von bis zu zwei Tagen. Es spielt dabei keine Rolle, ob das Kind ehelich oder nichtehelich ist.
Gibt es Sonderurlaub für Hochzeiten oder Eingehung einer Lebenspartnerschaft?
Ein Anspruch auf Sonderurlaub für eine Hochzeit besteht nur, wenn es sich um die standesamtliche Hochzeit oder das Eingehen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft handelt. Wer beispielsweise eine kirchliche oder freie Trauung plant, hat nach § 616 BGB keinen Anspruch auf einen Sonderurlaub. Das hat das BAG in einem älteren Urteil klargestellt.
Gibt es auch Sonderurlaub bei der Hochzeit oder goldenen Hochzeit von nahen Verwandten?
Tatsächlich ist auch die Hochzeit von nahen Verwandten ein ausreichend persönlicher Grund für einen Sonderurlaub. Als “naher Verwandter” werden in diesem Fall Kinder oder Elternteile verstanden. Dasselbe gilt auch für die goldene Hochzeit der eigenen Eltern, entschied das BAG.
Gibt es Sonderurlaub, wenn das eigene Kind krank ist?
Pro Jahr und Kind haben Eltern Anspruch auf maximal zehn Tage “Kinderkrankengeld”, wenn
- ein ärztliches Attest vorliegt,
- keine andere in ihrem Haushalt lebende Person das Kind nicht betreuen kann
- das Kind noch keine 12 Jahre alt oder behindert ist.
Alleinerziehende haben Anspruch auf maximal 20 Tage Kinderkrankengeld.
Allerdings ist es leider nicht so einfach. Denn Sonderurlaub geht nur für eine Beurlaubung von maximal fünf Tagen. Deshalb ergeben sich im Fall eines kranken Kindes drei Varianten:
Ähnlich ist es übrigens auch, wenn Arbeitnehmer einen Angehörigen pflegen müssen. Allerdings reicht der Gesetzestext hier nicht aus, dass der Arbeitnehmer auch für diese Zeit weiter bezahlt wird. Dafür müssen andere Voraussetzungen geklärt werden.
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Gibt es Sonderurlaub für Vorstellungsgespräche nach Kündigung?
Tatsächlich ja. Egal ob Arbeitnehmer oder Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigen, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Sonderurlaub, um an Vorstellungsgesprächen für einen neuen Job teilzunehmen. Das regelt das § 629 BGB. § 616 BGB, der für den Sonderurlaub zuständig ist, sichert in diesem Fall die Lohnfortzahlung.
Wann gibt es Sonderurlaub bei einem Todesfall in der Familie?
Im Falle eines Todesfalles von engen Verwandten, das heißt der Eltern, Kinder, des Ehepartners oder eingetragenen Lebenspartners, können sich Arbeitnehmer einen, manchmal auch zwei Tage, frei nehmen. Auch ist nicht ganz klar, wie § 616 BGB im Fall von entfernteren Verwandten (Großeltern, Geschwister, Onkels und Tanten, Cousins, etc.) auszulegen ist. Hier hat das Arbeitsgericht in der Vergangenheit unterschiedlich geurteilt. Hier bedarf es also ein direktes Gespräch mit dem Arbeitgeber im Voraus.
Gibt es Sonderurlaub für den Umzug?
Grundsätzlich erstmal nein. Vor allem Umzüge innerhalb einer Stadt sind kein ausreichender Grund für einen Sonderurlaub. Handelt es sich allerdings um einen Umzug aus beruflichen Gründen - also weil zum Beispiel der Standort des Unternehmens umzieht - hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Sonderurlaub. In den meisten Fällen handelt es sich hier um einen Tag.
Sonderurlaub im öffentlichen Dienst - der TVöD
Sonderurlaub im öffentlichen Dienst – der TVöD. Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst bietet in vielen Fällen für Arbeitgeber eine Orientierung. Denn wie bereits beschrieben, ist nicht in allen Fällen klar, wie § 616 BGB zu verstehen ist. Der TVöD schafft hier eine gute Struktur, da er für die einzelnen Szenarien nicht nur festlegt, ob ein Anspruch auf Sonderurlaub besteht. Er gibt auch genau an, wie lang dieser Anspruch besteht. Hier die Übersicht für Sonderurlaub im TVöD: