Wo liegt der Unterschied zwischen Überstunden und Mehrarbeit?
Sowohl Überstunden als auch Mehrarbeit bezeichnen Situationen, in denen die reguläre Arbeitszeit überschritten wird. Sie beziehen sich jedoch auf unterschiedliche Grundlagen. Überstunden ergeben sich, wenn Mitarbeitende täglich länger arbeiten als in ihrem Arbeitsvertrag vorgesehen. Dies muss vom Arbeitgeber angeordnet oder geduldet werden.
Bei Mehrarbeit überschreiten Mitarbeitende die gesetzlich oder tariflich zulässige Arbeitszeit. Im Normalfall sind das alle Stunden, die über die gesetzlich vorgegebenen 10 Tages- bzw. 60 Wochenstunden hinausgehen. In beiden Fällen müssen Arbeitgeber die zusätzlich geleistete Arbeitszeit ausgleichen.
Wie viele Überstunden sind erlaubt?
Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) regelt die maximale täglich zulässige Arbeitszeit. Diese beträgt acht Stunden, also 48 Wochenstunden ausgehend von einer Sechs-Tage-Woche. Wenn deine Angestellten nur 40 Stunden in der Woche arbeiten, sind also acht Überstunden gesetzlich möglich.
Das Gesetz weitet diese Regelung allerdings weiter aus. Arbeitnehmende dürfen über einen begrenzten Zeitraum 10 Stunden täglich arbeiten, wenn diese Überstunden kurzfristig durch verkürzte Arbeitszeiten ausgeglichen werden. Die Frist dafür sind 6 Monate oder 24 Wochen. Anders ausgedrückt: Innerhalb von 24 Wochen soll die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit nicht höher sein als acht Stunden, kurzfristig dürfen die Beschäftigten aber bis zu 60 Stunden in der Woche leisten. Falls deine Mitarbeitenden bei mehreren Arbeitgebern beschäftigt sind, müssen die Arbeitszeiten zusammengezählt werden.
Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen können auch andere Vorschriften enthalten.
Welche Ausnahmen gibt es im Arbeitszeitgesetz?
Das ArbZG kommt nicht ohne Ausnahmen aus. In Branchen, in denen üblicherweise an Werktagen gearbeitet wird, ist eine Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen nur in besonderen Fällen möglich. Zudem gelten für diese Personengruppen gesonderte Regelungen.
Schwangere und stillende Arbeitnehmerinnen
Schwangere und stillende Mütter dürfen täglich maximal 8,5 und innerhalb von zwei Wochen maximal 90 Stunden arbeiten. Nachtarbeit zwischen 20 und 6 Uhr dürfen sie nicht ausüben, ebenso Sonn- und Feiertagsarbeit.
Jugendliche
Für minderjährige Arbeitnehmende ist die tägliche Arbeitszeit auf 8 Stunden beschränkt. Wöchentlich leisten sie nicht mehr als 40 Stunden.
Schwerbehinderte
Schwerbehinderte oder ihnen Gleichgestellte dürfen verlangen, von Mehrarbeit freigestellt zu werden.
Beschäftigte mit Mindestlohn
Vorsicht ist geboten bei Beschäftigten mit Mindestlohn oder einer nur gering höheren Bezahlung. Wenn sie unbezahlte Überstunden leisten, unterschreitet der durchschnittliche Stundenlohn schnell den Mindestlohn. Darauf solltest du als Arbeitgeber besonders achten.
Teilzeitbeschäftigte
Alles, was über die vertragliche Regelung hinausgeht, sind Überstunden – entsprechend kann auch eine Teilzeitkraft mit weniger als acht Arbeitsstunden am Tag Überstunden ansammeln. Dies ist jedoch mit einem Risiko verbunden. Wenn die Teilzeitkraft über mehrere Jahre als Vollzeitkraft eingesetzt wird, ohne, dass es eine Ausgleichsmöglichkeit gibt, kann sich der Arbeitsvertrag stillschweigend ändern. Rechtlich wird also angenommen, dass die Mehrarbeit abgesprochen ist – Teilzeit geht in Vollzeit über.
Wenn du zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr so viele Überstunden einforderst und zur ursprünglich vereinbarten Stundenregelung zurückkehren möchtest, muss der Mitarbeitende damit einverstanden sein.
Weitere Ausnahmen
Arbeitnehmende, die ihre anvertrauten Personen zu Hause erziehen, pflegen oder betreuen sowie Arbeitnehmende, die im liturgischen Bereich der Kirchen oder in Religionsgemeinschaften tätig sind, sind ebenfalls vom ArbZG ausgenommen. Für sie gelten gesonderte Regeln.
Darf der Arbeitgeber Überstunden einfordern?
Grundsätzlich gilt: Wenn im Arbeits- oder Tarifvertrag eine entsprechende Klausel enthalten ist, darfst du Überstunden einfordern. Diese müssen jedoch für die Mitarbeitenden zumutbar sein. So musst du vor der Anordnung von Überstunden
- die persönliche Situation des Angestellten,
- den betrieblichen Bedarf,
- den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz berücksichtigen.
Zudem muss der Betriebsrat den verordneten Überstunden zustimmen. Wenn der Betriebsrat nicht an der Entscheidung beteiligt wird, kann sich der Arbeitnehmende weigern, Überstunden zu erbringen.
In Notsituationen, in denen unvorhergesehene Ereignisse wie Wasserrohrbruch den Betrieb gefährden, kannst du auch Überstunden verlangen, ohne, dass diese im Vertrag geregelt sind. Auch in dem Fall müsst ihr die Höchstarbeitszeit von zehn Stunden beachten.
Ab 10 Überstunden oder 50 Stunden in der Woche (bei einer 40-Stunden-Woche) dürfen Mitarbeitende weitere Überstunden ablehnen. Dadurch darf keine Benachteiligung entstehen – das bedeutet, du kannst den betroffenen Angestellten nicht aufgrund seiner Weigerung kündigen.
Sind unbezahlte Überstunden zulässig?
2.090.000 Arbeitnehmende haben 2021 unbezahlte Mehrarbeit geleistet. Diese ist nur zulässig, wenn der Arbeits- oder Tarifvertrag sie vorgibt – ansonsten müssen die Überstunden mit Gehalt oder Freizeit ausgeglichen werden.
Überstundenpauschale
In der Praxis werden anfallende Überstunden häufig pauschal durch den Lohn oder das Gehalt abgegolten. Allerdings bestimmt die Formulierung darüber, ob diese rechtsgültig ist. Als Arbeitgeber darfst du nicht ohne zeitliche Begrenzung unbezahlte Überstunden einfordern. Klauseln wie „Durch die zu zahlende Bruttovergütung ist etwaig notwendig werdende Über- und Mehrarbeit abgegolten“ sind gesetzeswidrig, da der Arbeitnehmende nicht weiß, worauf er sich einlässt. Wenn du Überstunden also pauschal abgelten möchtest, musst du im Arbeitsvertrag klar beschreiben, wann wie viele Stunden geleistet werden sollen. Diese beiden Varianten sind denkbar:
- 10 Prozent der Wochenarbeitszeit werden pauschal als Überstunden abgegolten.
- Eine konkrete Stundenanzahl im Monat wird pauschal als Überstunden abgegolten.
In beiden Fällen bleiben die Überstunden über eine Mindestzeit von drei Monatenerhalten und verfallen nicht.
Dienste höherer Art und leitende Angestellte
Bei den sogenannten „Diensten höherer Art“ sind unbezahlte Überstunden üblich. Es handelt sich um Beschäftigungen, in denen ein besonderes Vertrauensverhältniszwischen der Person besteht, die den Dienst ausübt und der, die diesen empfängt. Ärzte, Steuerberater oder Rechtsanwälte gehören dazu. In diesen Berufen ist eine Auszahlung von Überstunden nicht üblich – besonders ab einer bestimmten Gehaltsstufe. Allerdings kann auch in diesen Fällen etwas anderes vereinbart oder in einem Tarifvertrag festgehalten werden.
Dasselbe trifft auch auf leitende Angestellte zu. Darunter werden Personen gefasst, die …
- … eine Prokura innehaben.
- … selbst andere Mitarbeitende entlassen oder einstellen können.
- … für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens verantwortlich sind, ihre Entscheidungen hauptsächlich eigenständig fällen oder maßgeblich beeinflussen.
Spitzenverdienende
Mitarbeitende, die deutlich mehr verdienen als der Durchschnitt und damit die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung überschreiten, bekommen keine Überstundenauszahlung. Diese deutlich herausgehobene Vergütung lag 2019 bei 80.400 Euro Jahresbruttoeinkommen in West- und 73.800 in Ostdeutschland. Zu den Spitzenverdienern gehören meistens auch die Personen, die einen Dienst höherer Art ausüben und/oder ein Unternehmen leiten.
Wie werden Überstunden abgegolten?
Treffen die Ausnahmen für unbezahlte Überstunden nicht zu, musst du die zusätzliche Arbeit ausgleichen. Dies funktioniert auf zwei Wegen: Überstundenausgleich durch Vergütung oder durch Freizeit.
Überstundenausgleich durch Vergütung
Eine explizite gesetzliche Regelung zur Bezahlung von Überstunden gibt es nicht. Daher entscheiden auch hier wieder Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen darüber, wie Überstunden abgegolten werden. Üblich sind:
- Überstundenzuschläge (z. B. an den üblichen Arbeitstagen 25 Prozent, an Sonn- und Feiertagen 50 Prozent) oder Staffelung nach der Anzahl der geleisteten Überstunden
- Entlohnung nach dem vertraglichen Stundenlohn
Nachtarbeit muss angemessen mit freien Tagen oder dem Zuschlag auf den Lohn abgegolten werden. Dabei muss der Zuschlag der höheren Belastung entsprechen, die Arbeitnehmende durch die Nachtarbeit erleben. Üblich sind 25 Prozent.
Überstundenabbau durch Freizeit
Statt die Überstunden auszubezahlen, kannst du deine Beschäftigten sie auch abfeiern lassen, ihnen also bezahlte freie Tage zugestehen. So können sich deine Mitarbeitenden besser erholen, was ihre Produktivität und Motivation steigert. Um rechtsgültig zu sein, muss der Freizeitausgleich ebenfalls vertraglich festgelegt werden. Wenn diese Regelung besteht, aber Mitarbeitende ihre Überstunden in den nächsten sechs Monaten nicht durch Freizeit abbauen können werden, dürfen sie diese verweigern.
Wann dürfen sich Mitarbeitende freinehmen?
Wenn sich Überstunden ansammeln, dürfen die Mitarbeitenden sich nicht einfach selbst einen freien Tag nehmen. Innerhalb von gesetzlichen Fristen bestimmst du als Arbeitgeber darüber, wann der Abbau von Überstunden stattfindet. Dabei solltest du auf die Interessen des Angestellten Rücksicht nehmen. Letztendlich obliegt die Entscheidung dem Arbeitgeber – so kannst du deine Beschäftigten zum Beispiel in Phasen geringer Auslastung nach Hause schicken. In manchen Verträgen ist jedoch geregelt, dass Mitarbeitende selbst ihre freien Tage bestimmen dürfen.
Auch bei Gleitzeitkonten entscheiden meistens die Mitarbeitenden, wann sie die Überstunden ausgleichen wollen. Lebensarbeitskonten unterliegen nochmals anderen Bestimmungen. Mitarbeitende mit diesem Arbeitszeitmodell zahlen ihre Überstunden auf das Zeitkonto ein, um früher aus dem Arbeitsleben auszutreten. Daher müssen sie ihre Überstunden auch nicht im vorgegebenen Zeitraum abbauen.
Wie lassen sich Überstunden erfassen?
Um Überstunden durch Gehalt oder Freizeit auszugleichen, müssen Arbeitnehmende nachweisen, …
- … wann und in welchem Umfang Überstunden geleistet wurden.
- … dass der Arbeitgeber sie angeordnet oder gebilligt hat.
Dafür müssen alle Überstunden sorgfältig dokumentiert werden. Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, das ArbZG einzuhalten, und haften bei Verstößen gegen die Höchstarbeitszeit. Schon jetzt müssen sie Arbeitszeit aufzeichnen, die über die täglich zulässige Stundenanzahl hinausgeht. Digitale Zeiterfassung kann dabei helfen, nicht nur die Überstunden zu erfassen, sondern die gesamte tägliche Arbeitszeit genau festzuhalten. So liegen für beide Parteien jederzeit die Fakten auf dem Tisch – auch im Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung.
Wann verfallen Überstunden?
Allgemein verjähren Überstunden zum 31. Dezember des dritten Jahres. Allerdings können im Arbeits- oder Tarifvertrag auch kürzere Regelungen enthalten sein. Die Mindestlaufzeit beträgt drei Monate.
Auch bei einer Kündigung müssen die Überstunden abgebaut werden. Ob sie durch Gehalt oder Freizeit ausgeglichen werden, hängt vom jeweiligen Vertrag ab. Wenn dieser keine konkrete Regelung vorsieht, müssen sich die Parteien einig werden.
Die Vorteile der digitalen Zeiterfassung von Überstunden
Zuverlässigkeit
Anders als Zeiterfassung auf Stundenzetteln erfasst eine Software minutengenau den Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit sowie alle Pausen. Damit werden Überstunden direkt sichtbar.
Rechtssicherheit
Das EuGH-Urteil zur Zeiterfassung hat die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, Gesetze zur Zeiterfassung für Mitarbeitende zu erlassen. Die Pflicht zur Zeiterfassung wird also bald kommen – und mit einer Software bist du schon jetzt für die Zukunft gerüstet.
Transparenz
Bei digitaler Zeiterfassung kannst du für jeden Mitarbeitenden Arbeitspläne und Sollstunden hinterlegen. Tatsächlich geleistete Stunden werden laufend aktualisiert und sind jederzeit für beide Parteien einsehbar. Auch für Kontrollen durch die Aufsichtsbehörden liegen stets alle erforderlichen Daten vor.
Entlastung
Graut es dir bereits davor, wenn du das nächste Mal Mehrarbeit und Überstunden berechnen musst? Das manuelle Eintippen in Excel ist aufwändig und fehleranfällig. Unsere digitale Zeiterfassung clockin kannst du über Schnittstellen direkt mit deiner Lohnbuchhaltung verbinden und die Zeitfresser in der Verwaltung automatisieren.